Frauenanteil Führungskräfte
Frauen in Führungspositionen: Erste und zweite Führungsebene in der Privatwirtschaft
Eine McKinsey Studie von 2020 zeigt, dass diverse Teams zu einem höheren ökonomischen Profit und einer Stärkung der Innovationsfähigkeit innerhalb von Unternehmen führen. Neben der ethnischen Diversität ist es vor allem die Geschlechterzusammensetzung im Team, die hierbei eine entscheidende Rolle spielt. Es konnte dabei nachgewiesen werden, dass sich gerade auch ein höherer Frauenanteil auf der Führungsebene positiv auswirkt: Bereits bei einem Frauenanteil von 20 Prozent auf der Führungsebene zeigen sich gewinnbringende Effekte auf das Innovationspotenzial und damit auch auf den ökonomischen Erfolg eines Unternehmens, während ein Frauenanteil von 30 Prozent auf der Führungsebene einen noch deutlicheren Anstieg des Profits bewirkt. Ein höherer Anteil von Frauen in Führung macht Unternehmen demnach nicht nur wirtschaftlich erfolgreicher, sondern stärkt damit auch Deutschland als Innovationsstandort.1
Bislang sind Frauen in Führungspositionen in Deutschland jedoch nach wie vor unterrepräsentiert. Dieses Phänomen, auch als „gläserne Decke“ bekannt, ist ein stabiles Charakteristikum geschlechtsspezifischer Ungleichheiten auf dem Arbeitsmarkt: Je höher die berufliche Position ist, desto weniger Frauen sind dort vertreten. Zwar wurde durch die Einführung einer festen Geschlechterquote für Aufsichtsräte und eines Mindestbeteiligungsgebots für Vorstände mit dem Führungspositionen-Gesetz im Jahr 2015 und seiner Erweiterung im Jahr 2021 (FüPoG I und II) eine rechtliche Grundlage geschaffen, um die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen an Führungspositionen in der Privatwirtschaft zu erhöhen, doch betrifft dies nur vergleichsweise wenig Unternehmen. In Aufsichtsräten von Unternehmen, die sowohl börsennotiert als auch paritätisch mitbestimmt sind, sieht das Gesetz einen Mindestanteil von jeweils 30 Prozent an Frauen und 30 Prozent an Männern vor. Vorstände von börsennotierten und paritätisch mitbestimmten Unternehmen mit mehr als drei Mitgliedern müssen mindestens mit einer Frau und mindestens einem Mann besetzt sein. Dennoch kann für kleinere und mittlere Unternehmen zumindest eine indirekte Wirkung des FüPoG auf die Repräsentanz von Frauen in Führungspositionen erhofft werden.2
Die im Folgenden dargestellten Zahlen zu Frauen in Führungspositionen basieren auf dem IAB-Betriebspanel, einer Arbeitgeberbefragung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (Forschungseinrichtung der Bundesagentur für Arbeit). Die Befragung umfasst rund 15.000 privatwirtschaftliche Betriebe aller Betriebsgrößen und Wirtschaftszweige, so dass hier auch Betriebe betrachtet werden, die nicht unter das Führungspositionen-Gesetz fallen. Für die 200 größten Unternehmen in Deutschland, von denen ein Großteil unter die Regelungen des Führungspositionen-Gesetzes fällt, finden sich die Zahlen zum Frauenanteil in Aufsichtsräten und Vorständen hier.
In der Befragung des IAB wird zwischen zwei Führungsebenen differenziert. Die erste Führungsebene umfasst Vorgesetzte auf der obersten Ebene wie Geschäftsführung, Eigentümer*innen, Vorstand, Filialleitung oder Betriebsleitung. Führungspositionen auf der zweiten Führungsebene liegen hierarchisch unterhalb der obersten Ebene und sind nicht in allen Betrieben vorhanden.2
Im Jahr 2022 lag der Frauenanteil unter den Führungskräften der obersten Ebene in der Privatwirtschaft bei 28 Prozent. Gemessen am Frauenanteil unter den Beschäftigten insgesamt (44 Prozent) sind Frauen damit auf der ersten Führungsebene deutlich unterrepräsentiert. Im Jahr 2004 betrug der Frauenanteil auf dieser Führungsebene 25 Prozent und hat sich im Zeitverlauf damit nur geringfügig erhöht.
Frauen sind auf der zweiten Führungsebene im Vergleich zur ersten Ebene stärker vertreten, trotzdem überwiegt auch hier die Anzahl der Männer. Mit einem Frauenanteil von 41 Prozent entspricht die Repräsentanz von Frauen auf dieser Ebene jedoch nahezu ihrem Anteil unter den Beschäftigten insgesamt (44 Prozent). Seit dem Jahr 2004 ist der Frauenanteil auf der zweiten Führungsebene um insgesamt 8 Prozentpunkte gestiegen.
Deutliche Unterschiede hinsichtlich der Geschlechterverteilung in Führungspositionen zeigen sich für West- und Ostdeutschland (nicht grafisch dargestellt). Im Jahr 2022 sind auf der ersten Führungsebene in Ostdeutschland 32 Prozent der Führungskräfte weiblich, in Westdeutschland sind es 27 Prozent. Auf der zweiten Führungsebene ist der Unterschied ähnlich groß – hier sind in Ostdeutschland 46 Prozent der Führungspositionen von Frauen besetzt, in Westdeutschland sind es 40 Prozent. Während der Frauenanteil an allen Beschäftigten in Ost- und Westdeutschland gleich hoch ist (44 Prozent), sind Frauen damit in Ostdeutschland in Führungspositionen besser vertreten. Auf der zweiten Führungsebene sind sie im Vergleich zum Frauenanteil an allen Beschäftigten sogar überrepräsentiert.
In geringerem Maße variiert die Repräsentanz von Frauen in Führungspositionen nach Betriebsgröße (nicht grafisch dargestellt). Frauen sind auf der zweiten Führungsebene in kleineren Betrieben etwas häufiger vertreten als in größeren Betrieben. Im Jahr 2022 sind in Betrieben mit 10 bis 49 Beschäftigten 43 Prozent der Führungskräfte auf der zweiten Führungsebene weiblich. Dies entspricht in etwa ihrem Anteil an allen Beschäftigten (44 Prozent). Dagegen liegt der Frauenanteil unter den Führungskräften auf der zweiten Ebene für Betriebe mit 200 und mehr Beschäftigten nur bei 33 Prozent. Gemessen am Frauenanteil an allen Beschäftigten (41 Prozent) sind sie hier unterrepräsentiert. Im Hinblick auf die Geschlechterverteilung auf der ersten Führungsebene zeichnet sich kein direkter Zusammenhang mit der Betriebsgröße ab. Für Betriebe mit 100 bis 199 Beschäftigten liegt der Frauenanteil zwar bei nur 22 Prozent, für alle anderen Betriebsgrößen (mit weniger als 100 oder mehr als 200 Beschäftigten) ist er mit Werten zwischen 27 und 29 Prozent in etwa gleich hoch.
Bemerkenswert ist, dass Frauen einen Großteil der vorhandenen Teilzeit-Führungspositionen besetzen (nicht grafisch dargestellt). 23 Prozent der privatwirtschaftlichen Betriebe ermöglichen laut dem IAB-Betriebspanel das Führen in Teilzeit, in 58 Prozent davon wird dieses Angebot tatsächlich genutzt. Insgesamt sind 72 Prozent der in Teilzeit arbeitenden Führungskräfte in der Privatwirtschaft weiblich.2
Frauen in Führungspositionen nach Wirtschaftszweigen
Die Repräsentanz von Frauen in Führungspositionen variiert stark nach Wirtschaftszweig. Im Wirtschaftszweig „Gesundheits- und Sozialwesen, Erziehung und Unterricht“ sind Frauen auf beiden Führungsebenen stärker vertreten als Männer. Der Anteil von Frauen auf der ersten Führungsebene liegt allerdings mit 54 Prozent noch deutlich unter dem Frauenanteil unter den Beschäftigten insgesamt in dieser Branche (75 Prozent). Auf der zweiten Führungsebene liegt der Frauenanteil bei 72 Prozent, so dass Frauen hier fast entsprechend ihrem Gesamtanteil vertreten sind. Auch in „Organisationen ohne Erwerbscharakter“ sind verhältnismäßig viele Führungspositionen mit Frauen besetzt, die Frauenanteile auf der ersten und zweiten Führungsebene (40 bzw. 44 Prozent) liegen aber unter der 50-Prozent-Marke und bleiben deutlich unter dem Frauenanteil an allen Beschäftigten (67 Prozent) zurück. Im „Einzelhandel“ und dem „Gastgewerbe und Sonstigen Dienstleistungen“ sind Frauen ebenfalls vergleichsweise häufig in Führungspositionen auf der ersten und zweiten Führungsebene beschäftigt. Auch hier liegen die Frauenanteile auf der ersten Führungsebene jeweils deutlich unter den Anteilen für die Gesamtbeschäftigten (38 Prozent gegenüber 65 Prozent bzw. 38 Prozent gegenüber 57 Prozent), während Frauen auf der zweiten Führungsebene in beiden Wirtschaftszweigen annähernd entsprechend ihrer Repräsentanz unter allen Beschäftigten vertreten sind (58 Prozent bzw. 54 Prozent).
Im Wirtschaftszweig „Wirtschaftliche, wissenschaftliche und freiberufliche Dienstleistungen“ zeigt sich ein ähnliches Bild, wenn auch auf niedrigerem Niveau: Die Frauenanteile liegen hier sowohl bei den Beschäftigten insgesamt als auch auf den einzelnen Führungsebenen unter der 50-Prozent-Marke. Der Frauenanteil auf der obersten Führungsebene liegt mit 24 Prozent unter dem Gesamtdurchschnitt über alle Wirtschaftszweige hinweg. Bei den „Finanz- und Versicherungsdienstleistungen“ sind Frauen mit einem Anteil von 52 Prozent an allen Beschäftigten zwar etwas stärker vertreten als Männer, auf der ersten (16 Prozent Frauenanteil) und zweiten Führungsebene (32 Prozent) spiegelt sich dies jedoch nicht wider.
Im Verhältnis zu ihrem Beschäftigtenanteil überrepräsentiert sind Frauen auf der zweiten Führungsebene in den Wirtschaftszweigen „Energie, Wasser, Abfall und Bergbau“, „Baugewerbe“ sowie „Verkehr und Lagerei“, wobei sich die Frauenanteile jeweils auf einem niedrigen Niveau unter 30 Prozent (bzw. 20 Prozent im Baugewerbe) bewegen. Auch auf der ersten Führungsebene werden hier - gemessen am Frauenanteil bei den insgesamt Beschäftigten - vergleichsweise hohe Frauenanteile erreicht.
In allen Branchen der Privatwirtschaft ist mehr als die Hälfte der vorhandenen Teilzeit-Führungspositionen von Frauen besetzt (nicht grafisch dargestellt). Besonders hoch ist ihr Anteil in den Wirtschaftszweigen „Gesundheits- und Sozialwesen, Erziehung und Unterricht“ sowie im „Einzelhandel“ mit 83 bzw. 82 Prozent. Fast ausgeglichen ist die Geschlechterverteilung dagegen bei den Führungskräften in Teilzeit in den Wirtschaftszweigen „Verkehr und Lagerei“ sowie „Großhandel, Kraftfahrzeughandel und -reparatur“ mit einem Frauenanteil von 53 bzw. 52 Prozent.2
Literatur
1 Hunt, Vivian; Dixon-Fyle, Sundiatu; Prince, Sara & Dolan, Kevin (2020): Diversity wins. How inclusion matters. Herausgegeben von McKinsey & Company.
2 Kohaut, Susanne & Möller, Iris (2023): Führungspositionen in Deutschland 2022: Frauen bleiben nach wie vor unterrepräsentiert. IAB-Kurzbericht 22/2023, Nürnberg.
Weiterführende Publikationen
Kohaut, Susanne & Möller, Iris (2023): Führungspositionen in Deutschland 2022: Frauen bleiben nach wie vor unterrepräsentiert. IAB-Kurzbericht 22/2023, Nürnberg.
zur PublikationBMFSFJ (2023): Siebte Jährliche Information der Bundesregierung über die Entwicklung des Frauenanteils in Führungsebenen und in Gremien der Privatwirtschaft und des öffentlichen Dienstes des Bundes sowie der Unternehmen mit unmittelbarer Mehrheitsbeteiligung des Bundes.
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Datenquellen:
1. Frauenanteil an Führungskräften in den Jahren von 2004 bis 2022: Kohaut, Susanne & Möller, Iris (2023): Führungspositionen in Deutschland 2022: Frauen bleiben nach wie vor unterrepräsentiert. IAB-Kurzbericht 22/2023, Nürnberg. Mit Daten aus IAB-Betriebspanel 2004, 2008, 2012, 2014, 2016, 2018, 2020, 2022.
2. Frauenanteil an Führungskräften nach Wirtschaftszweig im Jahr 2022: Kohaut, Susanne & Möller, Iris (2023): Führungspositionen in Deutschland 2022: Frauen bleiben nach wie vor unterrepräsentiert. IAB-Kurzbericht 22/2023, Nürnberg. Mit Daten aus IAB-Betriebspanel 2022.
Anmerkungen:
Das IAB-Betriebspanel wird jährlich durchgeführt. Im Jahr 2004 wurden die Betriebe erstmals zur Anzahl von Männern und Frauen in Führungspositionen befragt. Seit 2012 wird diese Frage alle zwei Jahre gestellt (zuvor alle vier).
Es werden rund 15.000 Betriebe aller Betriebsgrößen und Wirtschaftszweige befragt. Grundgesamtheit sind Betriebe mit mindestens einem/einer sozialversicherungspflichtig Beschäftigten.
Bei den Zahlen zu Frauenanteilen in Führungspositionen handelt es sich um gewichtete Werte.
Erste Führungsebene: Vorgesetzte auf der obersten Ebene wie Geschäftsführung, Eigentümer*innen, Vorstand, Filialleitung oder Betriebsleitung
Zweite Führungsebene: Führungspositionen unterhalb der ersten Führungsebene; nicht in allen Betrieben vorhanden.
Einschränkungen / Brüche in den Daten:
- Für die Jahre 2006 und 2010 liegen keine Zahlen vor, da das IAB-Betriebspanel erst seit dem Jahr 2012 die Anzahl von Männern und Frauen in Führungspositionen erhebt.