Frauenanteil Gründungen
Wie aktiv sind Frauen bei Neugründungen eines Gewerbes?
Gründungen sind wichtig für die Wirtschaft und fördern den strukturellen und gesellschaftlichen Fortschritt einer Gesellschaft. Insbesondere Start-Ups spielen eine zentrale Rolle im Innovationsgeschehen, da sie ein innovatives Geschäftsmodell oder eine innovative Technologie zum Inhalt haben.1Innovationen können dabei in verschiedenen Bereichen erfolgen: als Produktinnovation (z.B. neues Gerät auf dem Markt), technische Innovation, Designinnovation, Serviceinnovation, Prozessinnovation, Geschmacksinnovation oder soziale Innovation.2
Bestehende Statistiken zum Gründungsgeschehen beruhen auf sehr unterschiedlichen Datengrundlagen und Definitionen. Deshalb liegen keine eindeutigen Zahlen zum Frauenanteil an Gründungen vor und je nach Publikation weichen die ausgewiesenen Frauenanteile deutlich voneinander ab.3 Unter den Begriff „Existenzgründung“ fallen alle Formen der beruflichen Selbständigkeit. Dazu zählen neben den gewerblichen Tätigkeiten auch die nichtgewerblichen Bereiche Land-/Forstwirtschaft und Freie Berufe inklusive weiterer sog. sonstiger selbstständiger Tätigkeiten.4
Im Folgenden werden zunächst die Gründungen im gewerblichen Bereich anhand der amtlichen Gewerbestatistik betrachtet, da diese als Vollerhebung einen ersten Überblick über das Gründungsgeschehen vermittelt: Aufgrund der Anzeigepflicht wird hier jedes neu angemeldete Gewerbe erfasst. Als Gewerbe gilt dabei „jede erlaubte selbstständige Tätigkeit, die auf Dauer angelegt ist und mit der Absicht der Gewinnerzielung betrieben wird“. Freie Berufe (z.B. Ärzt*innen, Rechtsanwält*innen, Notar*innen, Wirtschaftsprüfer*innen, wissenschaftliche und künstlerische oder schriftstellerische Tätigkeiten), Berufe in der sogenannten Urproduktion (Land- und Forstwirtschaft, Fischerei, Garten- und Weinbau, Bergbau), Versicherungsunternehmen und die Verwaltung eigenen Vermögens sind von der Anzeigepflicht eines Gewerbes befreit und werden daher nicht in der Gewerbeanzeigenstatistik erfasst.5 Weiterführende Informationen zu den Gründungsaktivitäten im Rahmen eines Freien Berufes finden Sie hier. Ein Problem der Gewerbestatistik liegt darin, dass ein Teil der Gewerbe zwar angemeldet, dann aber letztlich nicht ausgeübt werden, so dass es hier teilweise zu einer Überschätzung der Neugründungen kommt.
Die Gesamtzahl der gewerblichen Neugründungen in Deutschland und die Zahl der daran beteiligten Gewerbetreibenden schwankt im Zeitverlauf und ist in den Jahren von 2003 bis 2024 insgesamt zurückgegangen. (Dabei entspricht die Zahl der Gewerbetreibenden nicht der Zahl der Neugründungen, siehe Hinweise zu den Daten weiter unten). Ein wesentlicher Grund für die sinkenden Zahlen ist die positive Entwicklung des Arbeitsmarkts in den letzten zwei Jahrzehnten, so dass Gründungen „aus der Not heraus“ als Alternative zur Arbeitslosigkeit einen niedrigeren Stellenwert haben. Einen Tiefstand erreichte die Zahl der Neugründungen im Jahr 2018 mit lediglich 542.461 neu angemeldeten Gewerben (600.654 Gewerbetreibende) und erneut während der Corona-Pandemie im Jahr 2020 mit 543.806 Neugründungen (602.977 Gewerbetreibende). Die höchste Zahl an gewerblichen Neugründungen in diesem Zeitraum ist im Jahr 2004 zu verzeichnen: Insgesamt meldeten 886.526 Gewerbetreibende ein Gewerbe an (819.520 Neugründungen, nicht grafisch dargestellt). Der Frauenanteil unter den Gewerbetreibenden bleibt über den betrachteten Zeitraum relativ konstant und schwankt um die 30 Prozent (zwischen 29,5 Prozent im Jahr 2010 und 32,8 Prozent im Jahr 2024). Seit dem Jahr 2019 ist der Frauenanteil unter den Gewerbetreibenden jeweils im Vergleich zum Vorjahr leicht gestiegen und liegt im Jahr 2024 bei 32,8 Prozent.
Verteilung der Neugründungen nach Wirtschaftszweigen
Im Jahr 2024 gründeten die mit Abstand meisten Frauen (und auch Männer) ein Gewerbe im Wirtschaftszweig „Handel; Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen”, wobei mit 89,0 Prozent ein Großteil innerhalb der Neugründungen dieses Wirtschaftszweiges auf die Bereiche Großhandel und Einzelhandel (jeweils ohne Kfz-Gewerbe) entfällt (nicht grafisch dargestellt). 51.933 Frauen (24,1 Prozent der Gründerinnen insgesamt) und 104.316 Männer meldeten hier ein neues Unternehmen an. Der Frauenanteil an allen Gründungen in diesem Wirtschaftszweig beträgt 33,2 Prozent, bei Gewerbeanmeldungen im Einzelhandel sind sogar 36,9 Prozent der Gründer*innen weiblich (nicht grafisch dargestellt).
Im Wirtschaftszweig „Öffentliche und persönliche Dienstleistungen” sind Frauen am zweithäufigsten aktiv. Im Jahr 2024 gründeten in diesem Bereich 38.821 Frauen (18,0 Prozent der Gründerinnen insgesamt). Gegenüber 18.301 männlichen Gründern sind sie in diesem Bereich der Wirtschaft deutlich in der Überzahl und mit 68,0 Prozent ist der Frauenanteil in diesem Wirtschaftszweig – verglichen mit den anderen Wirtschaftszweigen – der höchste. Zu diesem Wirtschaftszweig zählen unter anderem Wäschereien und chemischen Reinigungen, Kosmetik- und Frisörsalons, Bestattungsunternehmen, Saunas, Solarien u. Ä.
Viele der Gründungsaktivitäten von Frauen entfallen im Jahr 2024 außerdem auf die Bereiche „Freiberufliche, wissenschaftliche und technische Dienstleistungen” (12,3 Prozent der Gründerinnen insgesamt; z.B. Werbung und Marktforschung) und „Sonstige wirtschaftliche Dienstleistungen” (10,3 Prozent der Gründerinnen insgesamt; z.B. Gebäudebetreuung und -reinigung, Garten und Landschaftsbau). Mit einem Anteil von 37,6 bzw. 24,9 Prozent sind Frauen hier allerdings seltener an Neugründungen beteiligt als Männer.
Hohe Frauenanteile werden neben dem Wirtschaftszweig „Öffentliche und persönliche Dienstleistungen” (68,0 Prozent) im „Gesundheits- und Sozialwesen” (Frauenanteil 67,8 Prozent) und im Bereich „Erziehung und Unterricht” (Frauenanteil 54,9 Prozent) erreicht, wo jeweils (deutlich) mehr als die Hälfte der Gründer*innen weiblich ist. Die Gesamtzahl der Gründer*innen in diesen Branchen ist jedoch relativ gering: Nur 1,9 Prozent aller Gewerbetreibenden gründeten im Bereich „Gesundheits- und Sozialwesen” und 3,2 Prozent im Bereich „Erziehung und Unterricht”.
Im „Verarbeitenden Gewerbe” ist das Geschlechterverhältnis unter den Gewerbetreibenden nahezu ausgeglichen (Frauenanteil 47,8 Prozent). Frauen melden hier vor allem Gewerbe zur „Herstellung von Textilien” (Frauenanteil 75,2 Prozent) und zur „Herstellung von Bekleidung” (Frauenanteil 82,9 Prozent) deutlich häufiger an als Männer. Bei der „Herstellung von Metallerzeugnissen” (Frauenanteil 10,1 Prozent) und im Maschinenbau (Frauenanteil 10,5 Prozent) ist dagegen gerade einmal jede*r zehnte Gründer*in eine Frau (nicht grafisch dargestellt).
Den niedrigsten Frauenanteil an gewerblichen Neugründer*innen im Jahr 2024 weist das „Baugewerbe“ auf. Nur 3.393 von 50.587 Gewerbetreibenden sind hier Frauen, was einem Anteil von 6,7 Prozent entspricht. Auch bei gewerblichen Neugründungen im Wirtschaftszweig „Verkehr und Lagerei” sind Frauen deutlich unterrepräsentiert. 19.105 Männer, aber nur 2.797 Frauen nehmen hier als Gewerbetreibende am Gründungsgeschehen teil. Damit ist nur jede achte (Frauenanteil 12,8 Prozent) an einer Neugründung beteiligte Person eine Frau. Der Frauenanteil bei Neugründungen im Bereich Energieversorgung liegt mit 14,2 Prozent nur leicht darüber. In den übrigen Wirtschaftszweigen (Land- & Forstwirtschaft und Fischerei; Gastgewerbe; Information und Kommunikation; Finanz- und Versicherungsdienstleistungen; Grundstücks- und Wohnungswesen; Kunst, Unterhaltung und Erholung) liegt der Frauenanteil jeweils zwischen 20 und 30 Prozent.
Bei einem Großteil (81,0 Prozent) der im Jahr 2004 neugegründeten Unternehmen handelt es sich um Einzelunternehmen (Gründung von einer einzelnen natürlichen Person), 73,4 Prozent der Gewerbetreibenden sind Einzelunternehmer*innen (nicht grafisch dargestellt). Frauen, die im Jahr 2024 eine gewerbliche Neugründung vornehmen, entscheiden sich noch häufiger als Männer für ein Einzelunternehmen (85,6 Prozent gegenüber 67,4 Prozent). Weitere Informationen zur Entwicklung von Einzelunternehmen im Zeitverlauf und der Verteilung von haupt- und nebenerwerblichen Neugründungen bei Männern und Frauen finden Sie hier.
Bei den vollständigen Aufgaben von Betrieben liegt der Frauenanteil im Jahr 2024 ähnlich hoch wie bei den Neugründungen: 32,6 Prozent der beteiligten Gewerbetreibenden sind hier Frauen.
Literatur
Literatur
1 Kollmann et al. (2023): Deutscher Start-Up Monitor 2023. Eine neue Zeit. Deutscher Startup Verband e. V. & PwC Deutschland (Hrsg.).
2 Klein, René (2023): Innovation: Mit einer neuen Geschäftsidee gründen. Online: www.fuer-gruender.de/wissen/geschaeftsidee-finden/geschaeftsidee-suchen/innovation (Abgerufen am 07.04.2025).
3 bundesweite gründerinnenagentur (2015): Gründerinnen und Unternehmerinnen in Deutschland – Daten und Fakten IV. Stuttgart, bga-Publikationen, Nr. 39.
4 Institut für Mittelstandsforschung (2025): Gründungen und Unternehmensschließungen. Existenzgründungen insgesamt. Online: www.ifm-bonn.org/statistiken/gruendungen-und-unternehmensschliessungen/existenzgruendungen-insgesamt (Abgerufen am 07.04.2025).
5 Statistisches Bundesamt (2024): Unternehmen und Arbeitsstätten. Gewerbeanzeigen - Fachserie 2 Reihe 5.
Weiterführende Publikationen
Institut für Mittelstandsforschung (2025): Gründungen und Unternehmensschließungen. Existenzgründungen insgesamt. Online: www.ifm-bonn.org/statistiken/gruendungen-und-unternehmensschliessungen/existenzgruendungen-insgesamt (Abgerufen am 07.04.2025).
zur PublikationMetzger, Georg / KfW-Research (2024): KfW-Gründungsmonitor 2024. Der Gründungstätigkeit fehlen die makroökonomischen Impulse – Selbstständige werden als Multiplikatoren wichtiger. KfW Bankengruppe (Hrsg.), Frankfurt am Main.
zur PublikationViete, Steffen & Metzger, Georg / KfW-Research (2022): Female Entrepreneurship – Mobilisierung von Gründerinnen ist wirtschaftliche Chance und gesellschaftliche Aufgabe. KfW Bankengruppe (Hrsg.), Frankfurt am Main.
zur Publikation
Hinweise zu den Daten
Anleitung zum Download der Grafik und Daten:
Die Grafiken und die zu Grunde liegenden Daten können jeweils durch einen Linksklick auf die drei Striche rechts oben am Rand der Grafik heruntergeladen werden. Bei Weiterverwendung der Grafiken oder Daten bitten wir um Angabe der Quellen.
Datenquellen:
1. Gewerbetreibende aus Neugründungen insgesamt: Statistisches Bundesamt 2025: Gewerbeanzeigenstatistik, Tabelle 52311-0063: Gewerbetreibende aus Neugründungen: Deutschland, Jahre, Geschlecht
2. Gewerbetreibende aus Neugründungen nach Wirtschaftszweig: Statistisches Bundesamt 2025: Gewerbeanzeigenstatistik, Tabelle 52311-0064: Gewerbetreibende aus Neugründungen: Deutschland, Jahre, Geschlecht, Wirtschaftszweige
Anmerkungen:
Die Statistik erscheint monatlich.
Vollerhebung mit Auskunftspflicht.
Die Datengewinnung erfolgt über die Gewerbeämter und die zuständigen Statistischen Landesämter.
Erfasst werden Informationen über die Zahl der Gewerbeanmeldungen und -abmeldungen nach Wirtschaftsbereichen, Rechtsformen, Zahl der tätigen Personen und Bundesländer, sowie Geschlecht und Staatsangehörigkeit der Gewerbetreibenden.
Gewerbetreibende: Anzeigepflichtige Personen, die eine Neugründung vorgenommen haben.
(Da eine Neugründung von mehr als einer gewerbetreibenden Person vorgenommen werden kann, übersteigt die Gesamtzahl der Gewerbetreibenden die Gesamtzahl an Neugründungen.).
Neugründungen: Betriebsgründungen (Hauptniederlassung, Zweigniederlassung, unselbstständige Zweigstelle), sonstige Neugründungen (inklusive Nebenerwerb).
Wirtschaftszweige: Statistisches Bundesamt: Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 2008
Einschränkungen / Brüche in den Daten:
Neugründungen ohne Reisegewerbe; bis 2016 ohne Automatenaufsteller und Reisegewerbe.
Neugründungen nach Wirtschaftszweig: dargestellt werden Wirtschaftszweige mit n= Anzahl Gewerbetreibende insgesamt > 1000 (ohne „Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden” und „Wasserversorgung; Abwasser- und Abfallentsorgung und Beseitigung von Umweltverschmutzungen”).