Frauenanteil Habilitationen
Wie hoch ist der Frauenanteil bei Habilitationen in Deutschland?
Veränderung in der Bedeutung einer Habilitation
Lange Zeit war eine Habilitation nach der Promotion der nächste notwendige Qualifikationsschritt auf dem Weg zur Professur. In den letzten 20 Jahren haben sich die Möglichkeiten der Qualifizierung für eine Professur jedoch vervielfältigt. So sind neben einer Habilitation auch vorhergehende Leistungen, z.B. über eine Stelle als wissenschaftliche*r Mitarbeiter*in, eine Stelle als Juniorprofessor*in, als Nachwuchsgruppenleitung oder nach einer Promotion und anschließender Berufserfahrung, mögliche Qualifikationswege. Dennoch nimmt die Habilitation weiterhin in allen Fächergruppen einen hohen Stellenwert ein. Die höchste Anzahl an Habilitationen findet sich in der Fächergruppe Humanmedizin/Gesundheitswissenschaften. In der Fächergruppe Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften machen im Vergleich zu den anderen Fächergruppen Junior- und Tenure-Track-Professuren einen höheren Anteil aus, während in der Fächergruppe Mathematik/Naturwissenschaften Nachwuchsgruppenleiter*innen häufiger vertreten sind.1
Habilitationen im Zeitverlauf
Entwicklung des Frauenanteils an Habilitationen im Zeitverlauf
Dass die Bedeutung der Habilitation als einzige Zugangsmöglichkeit zu einer Professur etwas abgenommen hat, ist an der sinkenden Anzahl an Habilitationen seit Mitte der 2000er zu sehen: Während die Habilitationen bis zum Jahr 2002 auf insgesamt 2.302 Habilitationen in Deutschland gestiegen ist, sank die Gesamtzahl danach und lag zuletzt im Jahr 2022 bei 1.535. Insbesondere die Zahl der habilitierten Männer ist zurückgegangen: Nachdem im Jahr 2002 insgesamt 1.804 Männer habilitierten, waren es im Jahr 2022 mit 974 Habilitationen nur etwas mehr als die Hälfte als 20 Jahre zuvor. Die Anzahl an Frauen mit Habilitation erreichte zunächst im Jahr 2004 einen Höhepunkt mit 518 erfolgreich habilitierten Frauen und bewegte sich in den darauffolgenden Jahren auf einem niedrigeren Niveau zwischen 398 und 481 Frauen. Seit 2018 steigt die Anzahl weiblicher Habilitierten wieder und so gab es im Jahr 2022 sogar 561 habilitierte Frauen. Dennoch wird im Vergleich zum annähernd ausgewogenen Verhältnis von Frauen und Männern mit einer abgeschlossenen Promotion bei den Habilitationen keine annähernde Geschlechterparität erreicht: Lediglich etwas mehr als ein Drittel aller Habilitationen entfällt auf Frauen. Der Frauenanteil bei den Habilitationen wuchs von 12,9 Prozent im Jahr 1992 auf 36,5 Prozent im Jahr 2022. Seit 2010 wuchs der Anteil habilitierter Frauen durchschnittlich um einen Prozentpunkt, wobei es auch Jahre gibt, in denen der Anteil unter dem Vorjahreswert lag.
Habilitationen nach Fächergruppe
Große Unterschiede in den einzelnen Fächergruppen
Die mit Abstand größte Anzahl (N=870) Habilitationen erfolgte im Jahr 2022 in der Fächergruppe Humanmedizin/Gesundheitswissenschaften. In den Geisteswissenschaften waren es rund 200 Habilitationen, in den Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften sowie in Mathematik/Naturwissenschaften wurden jeweils etwas mehr als 150 Habilitationen im gleichen Jahr abgeschlossen.
Im Jahr 2022 waren Frauen bei Habilitationen am häufigsten in den Geisteswissenschaften mit 44,1 Prozent und den Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften mit 42,9 Prozent vertreten. In der Fächergruppe Humanmedizin/Gesundheitswissenschaften lag der Frauenanteil leicht unter der 40-Prozent-Marke (36,6 Prozent), in der Fächergruppe Mathematik/Naturwissenschaften wurde etwas mehr als jede vierte Habilitation von einer Frau absolviert (28,6 Prozent). Der mit Abstand niedrigste Frauenanteil an Habilitationen findet sich bei den Ingenieurwissenschaften mit 13,2 Prozent. Hier wurden insgesamt 68 Habilitationen abgeschlossen.
In den Fächergruppen Agrar-, Forst- und Ernährungswissenschaften & Veterinärmedizin (52,0 Prozent Frauenanteil), Kunst/Kunstwissenschaft (40,9 Prozent Frauenanteil) sowie Sport (25,0 Prozent Frauenanteil) betrug die Gesamtzahl an Habilitationen im Jahr 2022 jeweils weniger als 30, weshalb die Geschlechterverteilung hier nicht aussagekräftig ist.
Zeitvergleich Frauenanteil Habilitationen nach Fächergruppe
Die insgesamt niedrige Gesamtanzahl an Habilitationen in den einzelnen Fächergruppen führt teilweise zu starken Schwankungen in den Frauenanteilen. Deshalb sind die einzelnen Jahre nur bedingt miteinander vergleichbar. Die Fächergruppen mit einer Gesamtanzahl von Habilitationen unter 50 Personen werden im Folgenden daher nicht aufgeführt.
In den Geisteswissenschaften lag der Frauenanteil im Jahr 2001 noch bei 28,1 Prozent und stieg in den Folgejahren durchschnittlich gesehen weiter an. 2009 wurde das erste Mal die 40-Prozent-Marke überschritten und in den Folgejahren lag der Frauenanteil jeweils ein paar Prozentpunkte oberhalb oder unterhalb von 40 Prozent. In der Fächergruppe Humanmedizin & Gesundheitswissenschaften (2001: 14,9 Prozent; 2021: 33,9 Prozent; 2022: 36,6 Prozent) und in den Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften (2001: 14 Prozent; 2021: 40,1 Prozent; 2022: 42,9 Prozent) ist der Frauenanteil bei Habilitationen kontinuierlich gewachsen. Insgesamt gewachsen ist auch der Frauenanteil in der Fächergruppe Mathematik & Naturwissenschaften: Während im Jahr 2001 hier Frauen an allen Habilitationen nur 12,7 Prozent ausmachten, waren es im Jahr 2021 bereits 23,3 Prozent, im Jahr 2022 dann sogar 28,6 Prozent. In den Jahren 2015, 2016 und 2020 lag der Frauenanteil hier ebenfalls bereits zwischen 25 und knapp 30 Prozent (nicht in Grafik dargestellt).
Der Frauenanteil in den Ingenieurwissenschaften variiert über die Jahre sehr stark. Bis zur Jahrtausendwende lag der Frauenanteil dort durchschnittlich unter 5 Prozent (nicht grafisch dargestellt). Seit dem Jahr 2000 gab es immer wieder Jahre (2000, 2006, 2015, 2018) mit einem sehr niedrigen Frauenanteil an Habilitationen von unter 10 Prozent, aber auch Jahre (2007, 2011, 2017, 2020) mit einem höheren Frauenanteil über 20 Prozent. Die in der Grafik dargestellten Jahre 2001, 2011, 2021 und 2022 geben somit keinen wirklichen Trend beim Frauenanteil an Habilitationen wieder, sondern beschreiben das Auf und Ab in den Ingenieurwissenschaften in den letzten 20 Jahren.
Literatur
Literatur
1 Konsortium Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs (Hrsg.) (2021): Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs 2021. Statistische Daten und Forschungsbefunde zu Promovierenden und Promovierten in Deutschland. wbv: Bielefeld. doi: 10.3278/6004603aw.
Weiterführende Publikationen
GWK (2023): Chancengleichheit in Wissenschaft und Forschung. 27. Fortschreibung des Datenmaterials (2021/2022) zu Frauen in Hochschulen und außerhochschulischen Forschungseinrichtungen. Materialien der GWK, Heft 85, Bonn.
zur PublikationKonsortium Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs (Hrsg.) (2021): Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs 2021. Statistische Daten und Forschungsbefunde zu Promovierenden und Promovierten in Deutschland. wbv: Bielefeld. doi: 10.3278/6004603aw.
zur Publikation
Hinweise zu den Daten
Anleitung zum Download der Grafik und Daten:
Die Grafiken und die zu Grunde liegenden Daten können jeweils durch einen Linksklick auf die drei Striche rechts oben am Rand der Grafik heruntergeladen werden. Bei Weiterverwendung der Grafiken oder Daten bitten wir um Angabe der Quellen.
Datenquelle:
Statistisches Bundesamt 2023, Statistik der Habilitationen, Tabelle 21351-0001: Habilitationen: Deutschland, Jahre, Fächergruppen, Nationalität, Geschlecht
Anmerkungen:
- Die Statistik erscheint einmal jährlich. Berichtszeitraum ist das Kalenderjahr.
- Grundgesamtheit sind alle im Berichtsjahr abgeschlossenen Habilitationsverfahren.
- Die Datengewinnung erfolgt über die Verwaltungsdaten der Hochschulen, die für administrative Zwecke erhoben wurden.
Einschränkungen / Brüche in den Daten:
Die Fächersystematik wurde vor allem ab dem Berichtsjahr 2015 grundlegend geändert.
Ab 2015 gilt eine überarbeitete Fächersystematik. Hierbei handelt es sich um rein textliche Änderungen, aber auch um die Zusammenlegung von Fächergruppen oder einer Verschiebung von Lehr- und Forschungsbereichen in andere Fächergruppen. Die Ergebnisse ab 2015 sind daher nur eingeschränkt mit den Vorjahren vergleichbar.
- Die bisherige Fächergruppe "Sprach- und Kulturwissenschaften" wird umbenannt in "Geisteswissenschaften".
- Die bisher separat nachgewiesene Fächergruppe "Veterinärmedizin" ist in der Fächergruppe "Agrar-, Forst- und Ernährungswissenschaften, Veterinärmedizin" aufgegangen, die Zuordnung ist hierfür rückwirkend für alle dargestellten Jahre umgesetzt.
- Die Lehr- und Forschungsbereiche „Psychologie“, „Erziehungswissenschaften“ sowie der bisherige Studienbereich „Sonderpädagogik“ werden statt in der Fächergruppe „Geisteswissenschaften“ (bisher „Sprach- und Kulturwissenschaften“) seitdem in der Fächergruppe „Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften“ nachgewiesen.
- Der Lehr- und Forschungsbereich „Informatik“ erfolgt statt in der Fächergruppe „Mathematik, Naturwissenschaften“ seitdem in der Fächergruppe „Ingenieurwissenschaften“.
Im Jahr 2020 erfolgten Anpassungen, die vor allem Verschiebungen einzelner Fachgebiete innerhalb der Fächergruppen betreffen und damit nur geringe Auswirkungen auf die Vergleichbarkeit mit den Vorjahren haben.