Frauenanteil Habilitationen
Wie hoch ist der Frauenanteil bei Habilitationen in Deutschland?
Veränderung in der Bedeutung einer Habilitation
Lange Zeit war eine Habilitation nach der Promotion der nächste notwendige Qualifikationsschritt auf dem Weg zur Professur. In den letzten 20 Jahren haben sich die Möglichkeiten der Qualifizierung für eine Professur jedoch vervielfältigt. So sind neben einer Habilitation auch vorhergehende Leistungen, z.B. über eine Stelle als wissenschaftliche*r Mitarbeiter*in, eine Stelle als Juniorprofessor*in, als Nachwuchsgruppenleitung oder nach einer Promotion und anschließender Berufserfahrung, mögliche Qualifikationswege. Dennoch nimmt die Habilitation weiterhin in allen Fächergruppen einen hohen Stellenwert ein. Die höchste Anzahl an Habilitationen findet sich in der Fächergruppe Humanmedizin/Gesundheitswissenschaften. In der Fächergruppe Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften machen im Vergleich zu den anderen Fächergruppen Junior- und Tenure-Track-Professuren einen höheren Anteil aus, während in der Fächergruppe Mathematik/Naturwissenschaften Nachwuchsgruppenleiter*innen häufiger vertreten sind.1
Habilitationen im Zeitverlauf
Entwicklung des Frauenanteils an Habilitationen im Zeitverlauf
Dass die Bedeutung der Habilitation als einzige Zugangsmöglichkeit zu einer Professur etwas abgenommen hat, ist an der sinkenden Anzahl an Habilitationen seit Mitte der 2000er zu sehen: Während die Habilitationen bis zum Jahr 2002 auf insgesamt 2.302 Habilitationen in Deutschland gestiegen ist, sank die Gesamtzahl danach und lag zuletzt im Jahr 2023 bei 1.592. Insbesondere die Zahl der habilitierten Männer ist zurückgegangen: Nachdem im Jahr 2002 insgesamt 1.804 Männer habilitierten, waren es im Jahr 2023 mit 1.004 Habilitationen nur etwas mehr als die Hälfte als 20 Jahre zuvor. Die Anzahl an Frauen mit Habilitation erreichte zunächst im Jahr 2004 einen Höhepunkt mit 518 erfolgreich habilitierten Frauen und bewegte sich in den darauffolgenden Jahren auf einem niedrigeren Niveau zwischen 398 und 481 Frauen. Seit 2018 steigt die Anzahl weiblicher Habilitierter wieder und so gab es im Jahr 2023 sogar 588 habilitierte Frauen. Dennoch wird im Vergleich zum annähernd ausgewogenen Verhältnis von Frauen und Männern mit einer abgeschlossenen Promotion bei den Habilitationen keine annähernde Geschlechterparität erreicht: Lediglich etwas mehr als ein Drittel aller Habilitationen entfällt auf Frauen. Der Frauenanteil bei den Habilitationen wuchs von 12,9 Prozent im Jahr 1992 auf 36,9 Prozent im Jahr 2023. Seit 2010 wuchs der Anteil habilitierter Frauen durchschnittlich um 0,9 Prozentpunkte, wobei es auch Jahre gibt, in denen der Anteil unter dem Vorjahreswert lag.
Habilitationen nach Fächergruppe
Große Unterschiede in den einzelnen Fächergruppen
Die mit Abstand größte Anzahl (N=955) Habilitationen erfolgt im Jahr 2023 in der Fächergruppe Humanmedizin/Gesundheitswissenschaften. In Mathematik/Naturwissenschaften und den Geisteswissenschaften sind es rund 200 Habilitationen, in den Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften werden mehr als 150 Habilitationen im gleichen Jahr abgeschlossen.
Im Jahr 2023 sind Frauen bei Habilitationen am häufigsten in den Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften mit 46,4 Prozent und in den Geisteswissenschaften mit 41,4 Prozent vertreten. In der Fächergruppe Humanmedizin/Gesundheitswissenschaften liegt der Frauenanteil leicht unter der 40-Prozent-Marke (36,9 Prozent), in den Fächergruppen Ingenieurwissenschaften und Mathematik/Naturwissenschaften wird jeweils etwas mehr als jede vierte Habilitation von einer Frau absolviert (29,4 und 29,1 Prozent). Der Frauenanteil bei den Habilitationen in den Ingenieurwissenschaften ist damit im Vergleich zum Vorjahr deutlich gestiegen (13,2 Prozent im Jahr 2022), die Gesamtzahl an Habilitationen fällt mit 51 allerdings sehr niedrig aus, weshalb sich hier nur bedingt positive Tendenzen ableiten lassen.
In den Fächergruppen Agrar-, Forst- und Ernährungswissenschaften & Veterinärmedizin (45,0 Prozent Frauenanteil), Kunst/Kunstwissenschaft (11,1 Prozent Frauenanteil) sowie Sport (0 Prozent Frauenanteil) beträgt die Gesamtzahl an Habilitationen im Jahr 2023 jeweils weniger als 30, weshalb die Geschlechterverteilung hier nicht aussagekräftig ist.
Zeitvergleich Frauenanteil Habilitationen nach Fächergruppe
In den Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften lag der Frauenanteil im Jahr 2001 noch bei 14,0 Prozent, im Jahr 2011 war etwa jede fünfte Habilitation von einer Frau. Im Vergleich dazu hat sich der Frauenanteil bis zum Jahr 2021 verdoppelt und liegt auch im Jahr 2023 deutlich über der 40-Prozent-Marke (46,4 Prozent). In den Geisteswissenschaften lag der Frauenanteil im Jahr 2001 noch bei 28,1 Prozent und stieg in den Folgejahren durchschnittlich gesehen weiter an. 2009 wurde das erste Mal die 40-Prozent-Marke überschritten und in den Folgejahren lag der Frauenanteil jeweils ein paar Prozentpunkte oberhalb oder unterhalb von 40 Prozent.
In der Fächergruppe Humanmedizin & Gesundheitswissenschaften (2001: 14,9 Prozent; 2021: 33,9 Prozent; 2023: 36,9 Prozent) ist der Frauenanteil bei Habilitationen kontinuierlich gewachsen. Insgesamt gewachsen ist auch der Frauenanteil in der Fächergruppe Mathematik & Naturwissenschaften: Während im Jahr 2001 hier Frauen an allen Habilitationen nur 12,7 Prozent ausmachten, waren es im Jahr 2021 bereits 23,3 Prozent, im Jahr 2023 dann sogar 29,1 Prozent. In den Jahren 2015, 2016 und 2020 lag der Frauenanteil hier ebenfalls bereits zwischen 25 und knapp 30 Prozent (nicht in Grafik dargestellt).
Der Frauenanteil in den Ingenieurwissenschaften variiert über die Jahre sehr stark, was auch auf die niedrige Gesamtzahl an Habilitation zurückzuführen ist (51 Habilitationen im Jahr 2023). Bis zur Jahrtausendwende lag der Frauenanteil dort durchschnittlich unter 5 Prozent (nicht grafisch dargestellt). Seit dem Jahr 2000 gab es immer wieder Jahre (2000, 2006, 2015, 2018) mit einem sehr niedrigen Frauenanteil an Habilitationen von unter 10 Prozent, aber auch Jahre (2007, 2011, 2017, 2020) mit einem höheren Frauenanteil über 20 Prozent. Die in der Grafik dargestellten Jahre 2001, 2011, 2021 und 2023 geben somit keinen wirklichen Trend beim Frauenanteil an Habilitationen wieder, sondern beschreiben das Auf und Ab in den Ingenieurwissenschaften in den letzten 20 Jahren.
Literatur
Literatur
1 Konsortium Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs (Hrsg.) (2021): Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs 2021. Statistische Daten und Forschungsbefunde zu Promovierenden und Promovierten in Deutschland. wbv: Bielefeld. doi: 10.3278/6004603aw.
Weiterführende Publikationen
GWK (2024): Gleichstellungsmonitor Wissenschaft und Forschung, 28. Datenfortschreibung (2022/2023) zu Frauen in Hochschulen und außerhochschulischen Forschungseinrichtungen. Materialien der GWK, Heft 91, Bonn.
zur PublikationKonsortium Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs (Hrsg.) (2021): Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs 2021. Statistische Daten und Forschungsbefunde zu Promovierenden und Promovierten in Deutschland. wbv: Bielefeld. doi: 10.3278/6004603aw.
zur Publikation
Hinweise zu den Daten
Anleitung zum Download der Grafik und Daten:
Die Grafiken und die zu Grunde liegenden Daten können jeweils durch einen Linksklick auf die drei Striche rechts oben am Rand der Grafik heruntergeladen werden. Bei Weiterverwendung der Grafiken oder Daten bitten wir um Angabe der Quellen.
Datenquelle:
Statistisches Bundesamt 2024: Statistik der Habilitationen, Tabelle 21351-0001: Habilitationen: Deutschland, Jahre, Fächergruppen, Nationalität, Geschlecht
Anmerkungen:
- Die Statistik erscheint einmal jährlich. Berichtszeitraum ist das Kalenderjahr.
- Grundgesamtheit sind alle im Berichtsjahr abgeschlossenen Habilitationsverfahren.
- Die Datengewinnung erfolgt über die Verwaltungsdaten der Hochschulen, die für administrative Zwecke erhoben wurden.
Einschränkungen / Brüche in den Daten:
Die Fächersystematik wurde vor allem ab dem Berichtsjahr 2015 grundlegend geändert.
Ab 2015 gilt eine überarbeitete Fächersystematik. Hierbei handelt es sich um rein textliche Änderungen, aber auch um die Zusammenlegung von Fächergruppen oder einer Verschiebung von Lehr- und Forschungsbereichen in andere Fächergruppen. Die Ergebnisse ab 2015 sind daher nur eingeschränkt mit den Vorjahren vergleichbar.
- Die bisherige Fächergruppe "Sprach- und Kulturwissenschaften" wird umbenannt in "Geisteswissenschaften".
- Die bisher separat nachgewiesene Fächergruppe "Veterinärmedizin" ist in der Fächergruppe "Agrar-, Forst- und Ernährungswissenschaften, Veterinärmedizin" aufgegangen, die Zuordnung ist hierfür rückwirkend für alle dargestellten Jahre umgesetzt.
- Die Lehr- und Forschungsbereiche „Psychologie“, „Erziehungswissenschaften“ sowie der bisherige Studienbereich „Sonderpädagogik“ werden statt in der Fächergruppe „Geisteswissenschaften“ (bisher „Sprach- und Kulturwissenschaften“) seitdem in der Fächergruppe „Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften“ nachgewiesen.
- Der Lehr- und Forschungsbereich „Informatik“ erfolgt statt in der Fächergruppe „Mathematik, Naturwissenschaften“ seitdem in der Fächergruppe „Ingenieurwissenschaften“.
Im Jahr 2020 erfolgten Anpassungen, die vor allem Verschiebungen einzelner Fachgebiete innerhalb der Fächergruppen betreffen und damit nur geringe Auswirkungen auf die Vergleichbarkeit mit den Vorjahren haben.