Der Frauenanteil in hohen Führungspositionen der Privatwirtschaft – also in den Vorständen der größten Unternehmen in Deutschland – ist in den letzten Jahren zwar stark gestiegen, allerdings sind Frauen in diesen Positionen noch immer unterrepräsentiert. Im letzten Jahr (2023) waren 18 Prozent aller Vorstandsmitglieder der 200 größten Unternehmen in Deutschland Frauen. Das ist zwar eine große Verbesserung im Vergleich zur Situation vor 15 Jahren, als etwa zwei Prozent aller Vorstandsmitglieder Frauen waren, aber von Parität ist auch die aktuelle Situation noch weit entfernt.
Das Managerinnen-Barometer des DIW Berlin gibt seit mehr als 15 Jahren einen Überblick über den Anteil von Frauen in Vorständen und Geschäftsführungen sowie in Aufsichts-, Verwaltungs- und Beiräten und Kuratorien der größten Unternehmen in Deutschland. Für uns von meta-IFiF ist dies eine wertvolle Quelle, um Daten und Fakten zu Frauen in Führungspositionen aufzubereiten und zu verbreiten.
Wir haben mit Prof. Dr. Katharina Wrohlich, Leiterin der Forschungsgruppe Gender Economics am DIW Berlin, darüber gesprochen, wie sich der Anteil von Frauen in Führungspositionen in den letzten Jahren entwickelt hat, welche Wirkungen die Quote hat und welche Maßnahmen erforderlich sind, um eine gleichberechtigte Teilhabe zu erreichen. Ihr fundiertes Wissen und ihre langjährige Forschung bieten spannende Einblicke in die aktuellen Entwicklungen und Herausforderungen.
Lesen Sie das vollständige Interview und erfahren Sie mehr über die Herausforderungen und Erfolge auf dem Weg zu einer gleichberechtigten Teilhabe von Frauen in Führungspositionen:
Ja, hier zeigt sich ein klarer Zusammenhang. Wir sehen in unseren Daten zunächst eine Zunahme im Frauenanteil in den Aufsichtsräten als Folge der 2015 beschlossenen Geschlechterquote für Aufsichtsräte von börsennotierten und paritätisch mitbestimmten Unternehmen. 2021 wurde das Mindestbeteiligungsgebot für Vorstände beschlossen, das besagt, dass Unternehmen, die auch der Geschlechterquote im Aufsichtsrat unterliegen und einen Vorstand, bestehend aus vier oder mehr Mitgliedern haben, mindestens eine Person des unterrepräsentierten Geschlechts (in der Regel also eine Frau) in den Vorstand berufen müssen.
Auch hier sehen wir in Folge eine deutliche Zunahme des Frauenanteils in Vorständen jener Unternehmen, die von dieser gesetzlichen Regelung betroffen sind. Im Übrigen zeigen auch internationale Vergleiche, dass in den Ländern, die im Laufe der letzten Jahre gesetzliche Regelungen wie Geschlechterquoten eingeführt haben, die Frauenanteile in Führungspositionen stärker gestiegen sind als in Ländern, die solche Regelungen nicht haben.
Um eine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Vorstandspositionen zu erreichen, ist ein stärkeres Engagement der Unternehmen selbst, aber auch von Akteuren außerhalb der Unternehmen nötig. Eine wichtige Rolle haben die Aufsichtsräte: Beispielsweise können Aufsichtsräte bei der Besetzung von Vorstandspositionen von Personalberatungsunternehmen, die eine wichtige Rolle als Gatekeeper spielen, verlangen, dass diese gezielt nach Frauen suchen.
Vom Vorstand kann der Aufsichtsrat verlangen, dass er durch Personalentwicklungsmaßnahmen sicherstellt, dass genügend Frauen auch im eigenen Unternehmen für Vorstandspositionen qualifiziert werden. Derweil sollten sich diejenigen, die die Repräsentation von Frauen in Vorständen beobachten, zum Beispiel Investor*innen und insgesamt die breitere Öffentlichkeit, nicht länger mit einem Mindestmaß an Geschlechtervielfalt zufriedengeben, sondern die tatsächlich gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Vorstandspositionen einfordern.
In vielfältigen Teams können die Mitglieder aufgrund ihrer unterschiedlichen Hintergründe und Lebenserfahrungen unterschiedliche Meinungen und Sichtweisen einbringen. Dadurch können neue Ideen und Lösungsansätze entwickelt werden. Diversität hat daher ein enormes Potential, Innovationen freizusetzen.
Geschlechterstereotype Vorurteile und gesellschaftliche Erwartungen bezüglich der Geschlechterrollen sind nach wie vor ein wesentliches Hindernis für Frauen, in hohe Führungspositionen zu gelangen. Eigenschaften wie Kompetenz, Durchsetzungsstärke und Ehrgeiz werden nach wie vor eher Männern zugeschrieben, und Fürsorge und Warmherzigkeit eher Frauen. Hinzu kommt, dass in Deutschland von Frauen, wenn sie Kinder haben, viel stärker als von Männern erwartet wird, dass sie beruflich kürzertreten, um sich um ihre Familie zu kümmern.
Diese Vorurteile und Erwartungen hemmen einzelne Menschen, sich entsprechend ihrer Stärken und Interessen beruflich zu entwickeln. Daher wäre es wichtig, dass diese Hindernisse überwunden werden. Übrigens zeigt die Forschung, dass Geschlechterquoten dazu einen Beitrag leisten können: Personen, die täglich mit Frauen in Führungspositionen zusammenarbeiten, haben nachweislich weniger geschlechterstereotype Vorstellungen als solche, die nur mit Männern in Führungspositionen zu tun haben.
Aus Unternehmensperspektive erleichtert eine inklusive Arbeitskultur den Aufstieg von Frauen in Führungspositionen. Eine inklusive Arbeitskultur bedeutet, dass alle Personen, unabhängig von Gruppenzugehörigkeiten wertgeschätzt und in wichtige Entscheidungsprozesse einbezogen werden.
Aber auch die Politik sollte bestehende Strukturen verändern, um Geschlechterungleichheiten auf dem Arbeitsmarkt abzubauen. Insbesondere sollten im Steuer- und Transfersystem mehr finanzielle Anreize zu einer gleichmäßigeren Aufteilung der Erwerbs- und Sorgearbeit zwischen Männern und Frauen geschaffen werden, zum Beispiel durch eine Reform des steuerlichen Ehegattensplittings.
Hier geht es zum Managerinnen-Barometer des DIW Berlin
Daten und Fakten zu Frauen in Führungspositionen im meta-IFiF-Inofpool