In diesem Jahr erscheint der Bericht erstmals unter einem neuen Titel: „Gleichstellungsmonitor Wissenschaft und Forschung“. Er führt die bisherige Datenfortschreibung fort, mit der die GWK die Situation von Frauen in Hochschulen und außerhochschulischen Forschungseinrichtungen schon seit vielen Jahren beobachtet, er ordnet diese ein und weist auf relevante Entwicklungen und Desiderate hin. Erstmals wird der im Gleichstellungsmonitor enthaltene Datenschatz ergänzt durch eine vorangestellte Zusammenfassung, die die zentralen Daten auf einen Blick darstellt und die Entwicklungen des Jahres kompakt einordnet.

Leaky Pipeline weiterhin große Herausforderung

Der diesjährige Bericht macht deutlich, dass sowohl an den Hochschulen als auch in den Forschungsorganisationen die Frauenanteile an den Professuren bzw. in Führungspositionen weiterhin insgesamt nur langsam steigen. Gleichzeitig zeigen sich vereinzelt aber auch dynamischere Entwicklungen, so beispielsweise im Berufungsgeschehen der Hochschulen und in einigen Forschungseinrichtungen.

„Die Zahlen aus dem aktuellen Gleichstellungsmonitor machen deutlich, dass die Geschlechterunterschiede auf den höchsten Ebenen unseres Wissenschaftssystems nach wie vor groß sind. Aktuell liegt der Frauenanteil in Professuren bei unter einem Drittel. Deswegen ist es gut, dass Bund und Länder die Gleichstellung an Hochschulen mit dem Professorinnenprogramm 2030 gemeinsam fördern. Gleiche Chancen für alle Geschlechter sind ein wichtiges Qualitätsmerkmal für ein zukunftsstarkes und international wettbewerbsfähiges Wissenschaftssystem. Die Ergebnisse des Gleichstellungsmonitors sind ein Auftrag, die bestehenden Gleichstellungsmaßnahmen jetzt nicht nur fortzuführen, sondern weiter zu intensivieren“, so die GWK-Vorsitzende und Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger anlässlich der Veröffentlichung des Gleichstellungsmonitors.

Der stellvertretende GWK-Vorsitzende, Staatsminister für Wissenschaft und Kunst des Freistaats Bayern, Markus Blume ergänzt: „Die Richtung stimmt, aber wir müssen noch mehr Fahrt aufnehmen! Mit diesem zögerlichen Anstieg der Frauenquote insbesondere bei höheren Qualifikationsstufen schöpft der Wissenschaftsstandort Deutschland das volle Potential noch nicht aus. Auf die Exzellenz von Frauen können und wollen wir nicht verzichten! Hochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen brauchen auf allen Karrierestufen die besten Köpfe. Das Ziel muss sein, auch bei der Besetzung von Spitzenpositionen echte Gleichstellung zu erreichen. Hier setzt auch das Professorinnenprogramm 2030 von Bund und Ländern mit 320 Millionen Förderung an.“

Im Zehnjahresvergleich wird deutlich, dass sich der Anteil von Frauen an der Gesamtzahl von 2012 bis 2022 folgendermaßen erhöht hat:

  • Erstimmatrikulationen von 49,5 % auf 52,3 %,
  • Studienabschlüsse von 51,0 % auf 52,9 %,
  • Promotionen von 45,4 % auf 46,1 % und
  • Habilitationen von 27,0 % auf 36,5 %.

Dies belegt, dass der Frauenanteil nach dem Studienabschluss noch immer mit jeder Qualifikations- und Karrierestufe sinkt. Die sogenannte Leaky Pipeline besteht also weiter - damit verliert das Wissenschafts- und Innovationssystem erhebliches Potential.

Der Anteil der Professorinnen an Hochschulen ist zwar im Zeitraum zwischen 2012 und 2022 kontinuierlich von 20,4 % auf 28,0 % angestiegen, dennoch zeigt sich weiterhin dringender Verbesserungsbedarf mit Blick auf das Erreichen der Parität. Eine differenzierte Betrachtung nach Besoldungsgruppen ergibt zudem: je höher die Besoldungsgruppe, desto niedriger der Anteil von Frauen. Der Anteil der W1-Professorinnen an den Hochschulen insgesamt liegt bei 48,7 % - also nah an der Parität –, wohingegen der Anteil der C3/W2-Professorinnen 28,6 % und der Anteil der C4/W3-Professorinnen nur noch 23,8 % beträgt.

Es bedarf weiterer Anreize, um den Frauenanteil in wissenschaftlichen Spitzenpositionen an Hochschulen konsequent und nachhaltig in Richtung Parität zu erhöhen. Darauf zielt das von Bund und Ländern im November 2022 für die Hochschulen beschlossene Professorinnenprogramm 2030, das insbesondere den Kulturwandel hin zu gleichstellungsfördernden und geschlechtergerechten Strukturen auf zentraler und dezentraler Ebene an den Hochschulen stärken will.

Der GWK-Bericht analysiert zudem auch die Frauenanteile in den außerhochschulischen Forschungseinrichtungen. Der Frauenanteil an Führungspositionen bei der Fraunhofer-Gesellschaft, der Helmholtz-Gemeinschaft, der Max-Planck-Gesellschaft und der Leibniz-Gemeinschaft ist im Vergleichszeitraum von 2013 bis 2023 insgesamt von 13,5 % auf 24,2 % gewachsen. Damit stieg er mit ähnlichen Wachstumsraten wie an den Hochschulen, allerdings auf niedrigerem Niveau und mit deutlichen organisationsspezifischen Unterschieden.

Es bedarf auch seitens der außerhochschulischen Forschungseinrichtungen konsequenter und zielgerichteter Anreize, um den notwendigen Kulturwandel für mehr Frauen in Führungspositionen fest und nachhaltig zu verankern.

Die Datenfortschreibung wird seit 1989 von der GWK aufbereitet und in regelmäßigem Turnus der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Diese Berichte sind Gradmesser dessen, was erreicht wurde, und damit auch statistische Grundlage für weitere gleichstellungspolitische Maßnahmen in Deutschland. Die GWK ist die einzige Stelle im nationalen Wissenschaftssystem, die – im Zusammenwirken von Bund und Ländern – Datenmaterial zu den Frauenanteilen auf allen Qualifikationsstufen in Hochschulen und außerhochschulischen Forschungseinrichtungen kontinuierlich und systematisch erfasst und in Form von regelmäßigen Datenfortschreibungen transparent darstellt.

Der Gleichstellungsmonitor Wissenschaft und Forschung liegt nun für den Zeitraum 2022/2023 vor und ist online als Heft 91 der „Materialien der GWK“ unter abrufbar.

Quelle: idw - Informationsdienst Wissenschaft