meta-IFiF

Erstes Vernetzungstreffen der Förderrichtlinie

Am 24. und 25. Oktober 2022 fand die erste Veranstaltung des Metavorhabens meta-IFiF in Bonn statt.

Gruppenbild mit den Teilnehmenden des Vernetzungstreffens.
Die Teilnehmenden des Vernetzungstreffens © kompetenzz

Im Mittelpunkt standen das Kennenlernen und die Vernetzung der geförderten Projekte in der Förderrichtlinie „Innovative Frauen im Fokus“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF).

Moderatorin Kim Klebolte (#SheTransformsIT) führte durch den Tag und regte mit vielen interaktiven Programmpunkten den kollegialen Austausch an. Die Teilnehmenden lernten sich zunächst bei einem „Speed Dating“ besser kennen und verorteten ihre Projekte auf einer Deutschlandkarte.

24.10.2022 – 1. Veranstaltungstag

Begrüßung

Dr. Annette Steinich, Leiterin des Referats „Chancengerechtigkeit und Vielfalt in Wissenschaft und Forschung“, begrüßte im Namen des BMBF die Teilnehmenden.

Dr. Annette Steinich, BMBF, begrüßt die Teilnehmenden
Dr. Annette Steinich, Bundesministerium für Bildung und Forschung, begrüßt die Teilnehmenden. © kompetenzz

Sie betonte die Bedeutung der Sichtbarkeit von innovativen Frauen und wies auf ihre kulturellen und wissenschaftlichen Errungenschaften hin. Als eine Grundvoraussetzung für mehr Sichtbarkeit nannte sie das Streben von Frauen nach Geschlechtergerechtigkeit: Die „vier Mütter des Grundgesetzes“ (Friederike Nadig, Elisabeth Selbert, Helene Wessel und Helene Weber) tagten 1948 nicht weit vom Veranstaltungsort in Bonn entfernt mit dem überwiegend männlich besetzten Parlamentarischen Rat und erreichten gemeinsam, dass Artikel 3, Abs. 2 („Männer und Frauen sind gleichberechtigt.“) Teil des Grundgesetzes wurde. Damit schufen sie die Basis für die gleichberechtigte Beteiligung von Frauen in Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft.

Dr. Ulrike Struwe, Co-Geschäftsführerin des Kompetenzzentrums Technik-Diversity-Chancengleichheit e. V. und strategische Beraterin des Metavorhabens, begrüßte die Teilnehmenden anschließend und wies auf die Rolle von meta-IFiF hin, das als Klammer für die Projekte dient und die Vernetzung, Kooperation und den Transfer von Know-how zwischen den Projekten als seine Aufgaben versteht.

Workshop als World Cafè

Die gemeinsame inhaltliche Arbeit startete mit einem World Café unter der Leitung von Katharina Hochfeld, Center for Responsible Research and Innovation (CeRRI) des Fraunhofer IAO, Dr. Miriam Bröckel und Dr. Ulrike Struwe, beide Kompetenzzentrum Technik-Diversity-Chancengleichheit.

Die Teilnehmer*innen sitzen um einen Gruppentisch und diskutieren.

An den von CeRRI entwickelten Thementischen diskutierten die Teilnehmenden die Fragen „Wie kann durch die eigenen Maßnahmen eine langfristige Wirkung erzielt werden?“ und „Wie und wo werden durch die Laufzeit hinweg Ergebnisse sichtbar?“. Außerdem wurde an der Definition der Begriffe „Innovation“, „Exzellenz“ und „Sichtbarkeit“ gearbeitet.

Beim Begriff Sichtbarkeit zeigten sich Ambivalenzen: Die Förderung von Sichtbarkeit ist wichtig, die Berücksichtigung der damit verbundenen Konsequenzen gilt es von Beginn an mitzudenken. Der Begriff Exzellenz wurde kontrovers diskutiert und es wurde deutlich, dass die Kriterien für Exzellenz zu präzisieren sind. Die Teilnehmenden definierten den zentralen Begriff der Förderlinie „Innovation“ als Fortschritt bzw. Weiterentwicklung, die sowohl in der Technologie als auch im gesellschaftlichen oder sozialen Bereich stattfinden kann. Darüber hinaus diskutierten sie über die Zusammenhänge und Querverbindungen der Begriffe: „Welche Rolle spielt Innovation für die Sichtbarkeit?“ und „Gibt es Verbindungen zwischen Innovation und Inszenierung?“.

An den anderen beiden Tischen „Verstetigung“ und „Zielsetzung“ ging es um konkrete Maßnahmen, die damit verbundenen Planungen und die langfristigen Wirkungen. Am Thementisch Verstetigung wurde die Frage diskutiert „Wie und wo werden über die Laufzeit hinweg Ergebnisse sichtbar?“. Die Ansprache von passenden Organisationen und relevanten Entscheidungsträger*innen wird als wichtig erachtet, um die Ergebnisse z. B. in die Politik oder die Gesellschaft zu tragen. Gerade das gemeinsame Wirken der Projekte und des Metavorhabens in der Förderlinie bietet eine Chance, dem Anliegen mehr Gewicht zu verleihen und bei externen Akteur*innen den Blick auf das gemeinsame Thema zu lenken. Auch die langfristige Verstetigung der Projektergebnisse stand im Fokus. Schon jetzt denken viele Projekte über Ansätze nach, wie ihre Projektergebnisse über die Projektlaufzeit hinaus zum Beispiel in der jeweiligen Institution nachhaltig nutzbar gemacht werden können.

Eine ausführliche Dokumentation der Ergebnisse finden Sie demnächst im Bereich Verstetigung und Transfer unter meta-IFiF-Workshops.

25.10.2022 – 2. Veranstaltungstag

Barcamps

Der zweite Tag lag ganz in der Hand der Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Zunächst in einem Barcamp, dessen Themen von den Teilnehmenden selbst vorgeschlagen und moderiert wurden. Insgesamt fanden vier verschiedene Sessions statt.

Strategien zur Sichtbarmachung von Frauen in den Wissenschaften – mit Handlungsträger*innen ins Gespräch kommen

Thorsten Halling und Annegret Dreher stehen an einem Flipchart und diskutieren mit Teilnehmer*innen.
Thorsten Halling und Annegret Dreher (Projekt GAP) sprechen in ihrem Barcamp über Handlungsträger*innen. © kompetenzz

Thorsten Halling und Annegret Dreher aus dem Projekt Gender Award Gap (GAP) leiteten diese Session. Die Vorgehensweise im Projekt GAP ist es, primär Fachgesellschaften als relevante Handlungsträger*innen zu adressieren. Um das Anliegen des Projekts zu verstärken, werden auch Frauennetzwerke innerhalb der einzelnen Fachgesellschaften mit eingebunden. Die Diskussion mit den anderen Teilnehmenden des Barcamps befasste sich mit der Relevanz, Handlungsträger*innen zu identifizieren und zielführende Kommunikationsstrategien zu entwickeln, die auch institutionelle Hierarchien der Handlungsträger*innen berücksichtigen.

Berufliche Sichtbarkeit und persönliche Sichtbarkeit. Wie persönlich sollte/ darf/ kann die Sichtbarkeit von Forscherinnen sein und wer zahlt dabei welchen Preis für die eigene Sichtbarkeit?

In dieser Session von Dr. Katja Knuth-Herzig (Projekt SPARK) und Lina Spagert (Prof:in Sicht) ging es um die Konsequenzen von Sichtbarkeit, insbesondere in sozialen Medien. Teilnehmerinnen berichteten teilweise von negativen Erfahrungen und Erwartungen und ihre damit verbundenen (Rückzugs-)Strategien im Hinblick auf die sozialen Medien. Als eine Konsequenz dieses (verständlichen) Verhaltens erörterten die Teilnehmenden den Verlust an weiblichen Perspektiven/Stimmen/Wahrnehmungen zu unterschiedlichen Themen in den sozialen Medien.

WissKomm: Formatentwicklung für Social Media

Anne-Kathrin Gerlieb und Anna-Sophie Barbutev vom Projekt “Wissenschaftlerinnen in die Medien” teilten in dieser Session ihre Erfahrungen zum Thema Formatentwicklung für Social Media, insbesondere für Instagram und Tik Tok. Die Teilnehmenden tauschten sich über die Erfahrungen aus, die sie mit ihren Projekten auf diesen Social Media-Plattformen gesammelt haben. Gemeinsam sammelten sie Tipps zur Verbesserung der Außendarstellung auf diesen Kanälen: Keine Scheu vor Themenwiederholungen, Bilder und Grafiken nutzen bzw. selbst erstellen, wenn in der Projektphase kein visuelles Ergebnis zur Verfügung steht, Follower*innen einbeziehen.

Strategische Projektkommunikation über LinkedIn

In der Session von Carola Herbst, Plattform #InnovativeFrauen, ging es um die strategische Projektkommunikation mit LinkedIn. Es fand ein Austausch über die Möglichkeiten und Herausforderungen in der Nutzung von LinkedIn statt. Dabei stand z. B. das Thema Sichtbarkeit vs. Selbstdarstellung im Mittelpunkt. Außerdem: Wie viel persönliche Note und Emotionalität sind angemessen und notwendig, um eine möglichst hohe Reichweite zu erzielen? In LinkedIn erfahrene Projektmitarbeitende teilten ihre Erfahrungen mit Kolleginnen und Kollegen, die noch am Anfang der Nutzung von LinkedIn stehen und gaben praktische Tipps. Dabei herrschte Einigkeit darüber, dass für einen gewinnbringenden Nutzen von Social-Media-Plattformen viele Ressourcen eingesetzt werden müssen und dies als eine zentrale Aufgabe zu betrachten ist.

Diskussionspanel – Auf dem Weg zu mehr Sichtbarkeit: Innovative Frauen im Fokus

Zum Abschluss des Vernetzungstreffens kamen die Teilnehmenden zu einer Paneldiskussion zusammen. Teilnehmerinnen des Podiums waren Vertreterinnen aus sechs Projekten der Förderrichtlinie: Professorin Pamela Wicker (Projekt SiWaProf), Eva Wegrzyn (Projekt EXENKO), Professorin Gabriele Pradel (Projekt Infect-Net), Dr. Katja Knuth-Herzig (Projekt SPARK), Professorin Gabriele Fischer (Projekt Prof:in Sicht) und Maike Braun (Projekt Diversity-X).

Sechs Teilnehmerinnen und die Moderatorin sitzen zum Diskussionspanel zusammen.
Vertreterinnen aus sechs Projekten diskutieren mit Moderatorin Kim Klebolte und dem Publikum. © kompetenzz

Zentrales Diskussionsthema war die Sichtbarkeit von Frauen in der Wissenschaft. Es zeigte sich, dass es in allen Fachbereichen einen Abfall des Frauenanteils im Laufe der Karriere gibt – auch in Disziplinen mit hohem Frauenanteil bei den Studierenden. Die Runde diskutierte, wie dem entgegengewirkt werden kann. Ein wichtiger Aspekt sei die Vereinbarkeit von Familien- und Erwerbsarbeit, zu der auch eine sichere Personalstelle gehört, so Maike Braun. Das spiele insbesondere für Nachwuchswissenschaftlerinnen eine große Rolle.

Pamela Wicker, Professorin für Sportmanagement und damit häufig die einzige Frau in Gremien und Diskussionsrunden, plädierte dafür, „… dass Frauen wiederum Frauen nach sich ziehen, da die Männer es auch so machen“.  Und es schade auch nicht, Männer darauf aufmerksam zu machen, dass sie bisher „unter sich“ seien – häufig würde dies von den Männern gar nicht bemerkt. Eva Wegrzyn betonte die wichtige Rolle von Männern für die Gleichstellung, da sie andere überzeugen könnten. Auch als Teil einer kritischen Masse (z.B. beim Beistehen in Shitstorms) spielen sie eine wichtige Rolle, so Katja Knuth-Herzig.

Die Runde diskutierte auch die Rolle der Gleichstellungsbeauftragten. Ein Amt, das viele Panelistinnen schon innehatten und von allen als wichtig, aber auch herausfordernd empfunden wird. Gabriele Pradel sagte, man könne in der Rolle viel bewirken und sowohl einzelne Frauen konkret fördern als auch Strukturen verändern – berichtete aber auch von Gegenwehr und Kämpfen, die als Gleichstellungsbeauftragte auszufechten sind. Es sei in diesem Zusammenhang sehr hilfreich, auch möglichst viele Männer als Verbündete zu gewinnen, die bereit sind, als aktive Fürsprecher auch für die Berufung einzelner Kolleginnen in ein Gremium einzutreten, wenn Frauen dort unterrepräsentiert sind.

Eine Herausforderung sehen die Diskutantinnen in den männlich geprägten Regeln und Begrifflichkeiten. So seien z.B. die Regeln von und für Sichtbarkeit männlich geprägt und von Frauen oftmals nicht als passend wahrgenommen, berichtete Gabriele Fischer aus ihrer Forschung. Auch die Begriffe Innovation und Exzellenz müssen neu definiert werden, damit auch die Leistungen und Kompetenzen von Frauen besser darin abgebildet werden, forderte Gabriele Pradel. Eva Wegrzyn resümierte schließlich: „Es geht nicht darum, den Kuchen neu zu verteilen, sondern einen neuen Kuchen zu backen“.

Eindrücke vom Vernetzungstreffen