Infect-Net zielt darauf ab, Infektionsforscherinnen zu vernetzen und ihre Sichtbarkeit zu stärken. Wie Infect-Net diese Ziele verfolgt und welche Erfolge es bereits gibt, erfahren Sie im Interview.
Infect-Net
Verband deutscher Infektionsforscherinnen - die Netzwerkinitiative
Steckbrief
- Institution:
- RWTH Aachen
- Laufzeit:
- Oktober 2022 - September 2025
- Kontakt:
-
Prof. Dr. Gabriele Pradel &
Rene Lesnik
pradel@bio2.rwth-aachen.de - Web:
-
Externer Link
www.infectnet.org
Social Media Externer Link "Verband deutscher Infektionsforscherinnen - die Netzwerkinitiative" auf Facebook Externer Link "Verband deutscher Infektionsforscherinnen - die Netzwerkinitiative" auf LinkedIn Externer Link "Verband deutscher Infektionsforscherinnen - die Netzwerkinitiative" auf Twitter Externer Link "Verband deutscher Infektionsforscherinnen - die Netzwerkinitiative" auf Instagram Externer Link "Verband deutscher Infektionsforscherinnen - die Netzwerkinitiative" auf Youtube
Netzwerk von Infektionsforscherinnen
Infect-Net ist eine Netzwerkinitiative von und für Frauen in der Infektionsforschung, die das Ziel verfolgt, deren wissenschaftspolitische und gesellschaftliche Position als Expertinnen zu stärken. Das Netzwerk wird den Dialog mit Politik, Wirtschaft und Gesellschaft suchen und in der Gründung eines Verbands verstetigt werden.
Öffentliche Sichtbarkeit von Frauen in der Infektionsforschung
Die Dominanz männlicher Experten in der deutschen Berichterstattung zu Beginn der Corona-Pandemie zeigte deutlich, dass Frauen hierzulande die fachliche Kompetenz und die Expert*innenrolle nicht zugetraut werden. Dies spiegelt leider auch das Geschlechterverhältnis in wissenschaftlichen Leitungspositionen und Fachgesellschaften wider, mit der Konsequenz, dass Frauen-relevante Themen und Perspektiven in der öffentlichen und gesellschaftlichen Diskussion weitestgehend fehlen. Der Mangel an Sichtbarkeit von weiblichen Vorbildern und Unterstützerinnen verfestigt das bestehende „Gender-Gap“.
Infect-Net vernetzt Expertinnen, um deren Wissen, Erfahrung und Einfluss jungen Wissenschaftlerinnen und der Gesellschaft verfügbar zu machen
Durch eine intensive Vernetzung möchten wir mit Infect-Net erreichen, dass
- die Sichtbarkeit der Infektionsforscherinnen in der Wissenschaftsgemeinschaft und Gesellschaft verbessert wird.
- geeignete Vorbilder für Nachwuchswissenschaftlerinnen generiert und ihre Karrierewege gefördert werden.
- die Infektionsforscherinnen als Wissenschaftsexpertinnen für Beratungs- und Aufklärungsarbeiten etabliert werden.
- der Anteil weiblicher Mitglieder in wissenschaftspolitisch relevanten Fachgesellschaften, Gremien und Kommissionen erhöht wird.
- wir im dauerhaften Dialog mit Gesellschaft, Wirtschaft und Politik im Sinne einer proaktiven Infektionsaufklärung stehen.
- wir die deutsche Wissenschaftspolitik im Bereich des globalen Gesundheitswesens nachhaltig prägen.
Alles auf einen Blick
Infect-Net wird federführend durch Gabriele Pradel (RWTH Aachen) vertreten. Zum Vorstandsteam gehören zudem Petra Dersch (Universität Münster), Melanie Brinkmann (TU Braunschweig), Sandra Ciesek (Universitätsklinikum Frankfurt) und Iris Bruchhaus (Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin, Hamburg).
Wir wollen gezielt junge Wissenschaftlerinnen im Bereich der Infektionsforschung fördern. Unsere Umsetzungsmaßnahmen sollen diese vernetzen und ihre Sichtbarkeit in der Wissenschaftsgemeinschaft und der Öffentlichkeit erhöhen. Letztendlich wollen wir dadurch erreichen, dass zukünftig mehr Infektionsforscherinnen die Karrierewege in Leitungspositionen einschlagen, und sie nicht durch Stereotype und Vorurteile daran gehindert werden.
Unsere Zielgruppe sind Wissenschaftlerinnen, die an deutschen Hochschulen oder öffentlichen Forschungsinstitutionen tätig sind und das Forschungsfeld der Infektionskrankheiten des Menschen vertreten. Sie kommen aus den Bereichen der medizinischen Mikrobiologie, der Infektiologie und der Epidemiologie und sind hauptsächlich Virologinnen, Bakteriologinnen, Parasitologinnen und Immunologinnen.
- Vernetzung der Mitfrauen durch regelmäßige Treffen und eine rotierende Vortragsreihe
- Nachwuchspreise, Workshops und Mentoring für junge Wissenschaftlerinnen
- Aufbau einer Kommunikationsplattform zwischen Expertinnen und Vertreter*innen aus Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Medien
- Öffentlicher Zugang zu Expertise durch eine Expertinnensuchmaschine
- Information der Öffentlichkeit durch Medienbeiträge in Blogs und Sozialen Medien
Eine Homepage als zentrales Informationsportal und Vermittlungsplattform
Infect-Net stellt auf seiner Website www.infectnet.org/web Informationen zu den Expertinnen, den Aktivitäten und den Förder- und Vernetzungsmöglichkeiten zusammen. Auf einer Übersichtskarte können sich Infektionsforscherinnen mit anderen Frauen vernetzen. Journalist*innen werden bei der Suche nach Expertinnen unterstützt. Darüber hinaus stehen Kurzinterviews von inspirierende Infektionsforscherinnen in der Interview-Serie Infect-Views zur Verfügung. Hier geht es direkt zur Website
Infektionsforscherinnen vernetzen und nachhaltig sichtbar machen – das ist das Ziel des IFiF-Projekts Infect-Net. Es bietet Wissenschaftlerinnen eine Plattform, um sich sowohl untereinander als auch mit Akteur*innen aus Medien, Wirtschaft und Politik zu vernetzen. Gleichzeitig dient die Netzwerkinitiative Journalist*innen als wertvolle Ressource für die Suche nach Expertinnen. Um die Initiative langfristig zu verankern, ist die Gründung eines Verbands deutscher Infektionsforscherinnen geplant. Erfahren Sie mehr im Interview.
Welche Herausforderungen sehen Sie bei der Gleichstellung von Infektionsforscherinnen in Deutschland? Gab es einen konkreten Anlass, das Projekt Infect-Net zu beantragen?
Trotz eines ausgewogenen Geschlechterverhältnisses in medizinischen und lebenswissenschaftlichen Studienfächern nimmt die Präsenz von Frauen mit steigender Karrierestufe drastisch ab. Die Folge: Institute werden weiterhin hauptsächlich von Männern geleitet und Chefarztposten sind männlich belegt. Auch wissenschaftspolitische Gremien und Kommissionen sind nach wie vor männlich dominiert. Um die Perspektiven von Wissenschaftlerinnen nachhaltig zu verankern, wollten wir ein Netzwerk in Deutschland ansässiger Infektionsforscherinnen implementieren – mit dem Ziel, Entscheidungsstrukturen paritätisch zu besetzen und Frauen zu helfen, die obersten Leitungsetagen zu erobern.
Den finalen Impuls zu diesem Entschluss gab die Corona-Pandemie. Zu Beginn der Coronaberichterstattung dominierten männliche Virologen die Medien – herausragende Virologinnen wurden erst nachträglich und oft als "Quotenfrauen" hinzugezogen. Das war der finale Funke, um eine Netzwerkinitiative für Infektionsforscherinnen ins Leben zu rufen und sich für die Förderrichtlinie "Innovative Frauen im Fokus" zu bewerben.
Die Umsetzung unseres Netzwerks Infect-Net ist jedoch kein Selbstläufer, sondern mit viel Arbeit verbunden. Der Grund dafür ist insbesondere, dass unsere Wissenschaftlerinnen unter enormem Zeitdruck stehen. Neben ihren beruflichen Verpflichtungen übernehmen sie oft den Großteil der Care-Arbeit und haben wenig Raum für ehrenamtliches Engagement. Hinzu kommt, dass Frauen zurückhaltender sind, sich seltener aktiv in den Vordergrund stellen und oft Angst vor öffentlicher Anfeindung haben. Viele ziehen sich daher in die sichere Bubble ihrer Fachdisziplin zurück – ein Kreislauf, den wir durchbrechen wollen. Insbesondere jüngere Wissenschaftlerinnen sehen zudem noch nicht die Bedeutung unseres Netzwerks für ihre Karriere. Oft muss man erst gegen die gläserne Decke stoßen, um die Unterstützung durch ein Netzwerk zu schätzen.
Welche konkreten strukturellen Veränderungen wünschen Sie sich, um die Sichtbarkeit und Karrierechancen von Infektionsforscherinnen nachhaltig zu verbessern?
Eine zentrale strukturelle Veränderung wäre die konsequente paritätische Besetzung von Gremien und Kommissionen, insbesondere bei wissenschaftspolitisch wegweisenden Kommissionen, z.B. dem Wissenschaftsrat, der Leopoldina, der DFG. Die Besetzung dieser Gremien erfolgt häufig nur auf Empfehlung, und zu oft werden noch vorrangig Männer empfohlen. Auch geht es nicht nur um die Mitgliedschaft in solchen Gremien und Kommissionen, sondern um deren Leitung oder Sprecherschaft, denn insbesondere damit wird Sichtbarkeit erzielt.
Weiter wichtig ist die öffentliche Sichtbarkeit durch die Medien. Zwar achten Medien wie Fernsehen, Funk und Printmedien zunehmend auf eine ausgewogene Repräsentation. Doch viele Wissenschaftlerinnen zögern, Anfragen anzunehmen – oft aus Unsicherheit oder Angst vor Anfeindungen. Hier braucht es gezieltes Medientraining, um mehr Selbstvertrauen im Umgang mit Journalist*innen und Kameras zu gewinnen. Auch muss ein besserer Schutz vor Hass gegen Frauen gewährt werden, sowohl auf Bundes- und Landesebene, als auch auf Ebene der Hochschulen. Plattformen wie Hate.Aid oder SciComm Support bieten bereits Unterstützung bei digitaler Gewalt und Wissenschaftskommunikation. Doch solche Plattformen müssen ausgebaut werden. Netzwerke wie Infect-Net bieten Wissenschaftlerinnen die Möglichkeit, sich untereinander auszutauschen und von erfahrenen Kolleginnen zu lernen.
Mit dem Projekt Infect-Net machen Sie Infektionsforscherinnen sichtbar und vernetzen diese. Wie genau machen Sie das und welche Erfolge konnten Sie bereits erzielen?
Sichtbarkeit: Wir machen Infektionsforscherinnen sichtbar – mit unserer Plattform infectnet.org, einer zentralen Anlaufstelle für Informationen über das Netzwerk, aktuelle Aktivitäten und einen Blog. Herzstück ist unsere Datenbank, in der Expertinnen nach Name, Standort und Fachgebiet gesucht werden können. Jedes Profil bietet weiterführende Informationen sowie Links zu Institutionen und Projekten. Gemeinsam mit dem Science Media Center Germany (SMCG) optimieren wir diese Expertinnensuchmaschine kontinuierlich.
Neben der Website setzen wir auf Social Media, um Forscherinnen und ihre Leistungen bekannter zu machen. LinkedIn eignet sich besonders gut für wissenschaftliche Vernetzung und auch BlueSky wird immer beliebter. Instagram stellt eine größere Herausforderung dar, doch unser infektionsbiologischer Adventskalender war dort ein voller Erfolg. Zudem arbeiten wir mit den Kommunikationsabteilungen renommierter Institute wie dem Robert Koch-Institut und dem Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin zusammen, um unsere Reichweite zu vergrößern.
Mit Workshops zu Medientraining und Online-Sichtbarkeit geben wir Wissenschaftlerinnen die nötigen Werkzeuge an die Hand, um ihre Forschung souverän in den Medien und online zu präsentieren.
Vernetzung: Unsere Netzwerktreffen an wechselnden Universitätsstandorten bieten Infektionsforscherinnen die Möglichkeit, sich persönlich kennenzulernen, Kooperationen zu knüpfen und Erfahrungen auszutauschen. Die Treffen widmen sich übergreifenden Themen wie Pandemiebewältigung, Wissenstransfer, Nachwuchsförderung oder ähnlichem. Zusätzlich fördern wir den fachlichen Austausch durch eine Vortragsreihe, bei der sich die Wissenschaftlerinnen gegenseitig besuchen und referieren. Eine interne Kommunikationsplattform erleichtert zudem den direkten, unkomplizierten Austausch im Alltag.
So stärken wir nicht nur die Sichtbarkeit, sondern auch die Vernetzung von Expertinnen in der Infektionsforschung – mit messbarem Erfolg.
Bieten Sie auch besondere Angebote für Nachwuchsforscherinnen an?
Die Förderung von Nachwuchswissenschaftlerinnen ist ein zentrales Thema unseres Netzwerks. Derzeit entwickeln wir ein Mentoring-Programm, das junge Forscherinnen unterstützt und sie auf wichtige Karriereentscheidungen vorbereitet. Ausschreibungen für Hochschulpositionen werden innerhalb des Netzwerks weitergeleitet und Nachwuchswissenschaftlerinnen erhalten Bewerbungstipps.
Unsere YouTube-Interviewserie bietet zudem wertvolle Einblicke: Am Ende jedes Gesprächs teilen erfahrene Wissenschaftlerinnen ihre ganz persönlichen Tipps für den wissenschaftlichen Nachwuchs.
Und natürlich ist Infect-Net selbst eine wertvolle Plattform zur Vernetzung über alle Karrierestufen hinweg – ein Ort, an dem Wissen, Erfahrungen und Chancen geteilt werden.
Die Gründung eines Verbands kann auch für andere Netzwerkinitiativen eine interessante Verstetigungsmöglichkeit sein. Welche Tipps würden Sie anderen Projekten in diesem Zusammenhang geben?
Die Gründung eines Verbands ist ein großer Schritt, der gut durchdacht sein will. Wichtige Voraussetzungen sind eine klare Zielsetzung und gemeinsame Interessen, aber auch eine realistische Einschätzung der verfügbaren Ressourcen und engagierte Mitstreiter*innen. Besonders hilfreich ist es, starke Partner*innen einzubinden – sei es durch Expertise, Engagement oder Einfluss.
Ein Verband lebt von kluger Priorisierung: Wir alle arbeiten ohnehin am Limit, daher müssen Aufgaben und Kapazitäten effizient verteilt werden. Eine klare Vision hilft, Energie gezielt einzusetzen und sichtbare Erfolge zu erzielen. Wir verfolgen das Ziel einer offenen, chancengerechten und diversen Wissenschaft, die niemanden aufgrund von Geschlecht oder Herkunft ausschließt – diese gemeinsame Überzeugung treibt uns an.
Herausforderungen gibt es viele: Der Prozess erfordert Zeit, Durchhaltevermögen und eine tragfähige Finanzierung. Fördermöglichkeiten, Mitgliedsbeiträge oder institutionelle Kooperationen sollten daher früh mitgedacht werden. Ebenso wichtig ist die interne Kommunikation: Welche Kanäle eignen sich, um das Netzwerk aktiv einzubinden, alle auf dem Laufenden zu halten und zur Mitarbeit zu motivieren?
Und zuletzt: Netzwerke leben von Austausch. Regelmäßige Treffen – ob online oder in Präsenz – sind essenziell, um den Zusammenhalt zu stärken und das Engagement hochzuhalten.